La Spezia – Fano
Endlich wieder Italien. Dank Urlaub im Juni wären ja theoretisch endlos viele Spiele möglich, praktisch ist das aber nicht drin, wenn man mit der guten Frau verreist. Da wir in diesem Jahr auf die aberwitzige Idee kamen, mit 3 Pärchen zu verreisen, hatten immerhin die 3 mitreisenden Männer Bock auf Fußball und so einigten wir uns im Vorfeld nach einigen Diskussionen auf die Partie von La Spezia. Der Verein war im letzten Jahr noch Zweitligist, dann aber pleite gegangen und kämpft jetzt um den Aufstieg in die Serie C2, also die 4. Liga. Alternativ wäre noch Como oder Alessandrias Heimspiele möglich gewesen, die reizten uns aber nicht so sehr. Also fuhren Thomas und ich (Daniel hatte kurzfristig einen Rückzieher gemacht) Sonntag morgens nach La Spezia. Nach dem Spiel hatten wir noch Empoli gegen Brescia ins Auge gefasst, allerdings würde es zeitlich recht knapp werden. 16 Uhr Anstoß in La Spezia, 19 Uhr in Empoli, dazwischen gut 180km. Nach gut 2 Stunden erreichten wir die Hafenstadt zwischen Ligurien und Toskana, die der Reiseführer als „hässliches Entlein“ Liguriens beschrieb. Viel sahen wir nicht von der Stadt, dank eines Marktes war es jedenfalls recht voll. Am Stadion gab es noch reichlich Parkplätze, obwohl nur noch gut 90 Minuten bis zum Anpfiff waren. Deutsche „Bauchtasche-über-die-Schulter“-tragenden Hopper wurden auch noch gesichtet.
Das Stadion von La Spezia „A. Picco“ ist wie so viele italienische Stadien in keinem ausgezeichneten Zustand, eine Tribüne ist eine reine Stahlrohrtribüne und beherbert die Gästefans. Beide Seitentribünen sind überdacht, die Heimkurve („Curva Ferrovia“) ist wie fast immer unüberdacht. Draußen war nicht viel los, wir holten uns Karten für die Gegentribüne (12,- EUR) und stromerten noch ein wenig durch die Gegend. Typisch italienisches Flair rund ums Stadion, leider fehlten die in höheren Ligen üblichen Händler rund ums Stadion. Im Zuge der neuen Gesetzgebung ist das Stadion komplett neu eingezäunt worden und die heimischen Tifosi dürfen sich über elektronische Zutrittskontrollen erfreuen. Da diese Gesetzt für die Serie D aber offensichtlich nicht gelten, waren die Tore offen und es wurde erst direkt vor dem Block von den üblichen Ordnern kontrolliert. Sehr lässige Atmosphäre, man hatte den Eindruck, dass sich alle kannten und viele noch bis kurz vor Anpfiff draußen blieben, um zu quatschen. Wir wähnten die „Tribuna distini“ auf der anderen Seite und liefen unter den skeptischen Blicken der einheimischen Ultras an der Heimkurve vorbei. Vor der vermeintlichen Gegentribüne stellten wir dann fest, dass es die Haupttribüne war. Also wieder zurück. Die „Curva“ war reichlich mit den üblichen schmuddeligen Graffitis verziert, wie man sie aus Italien kennt. Auf künstlerische Effekte wird hier eher verzichtet, lieber schnell was hingesprüht, was einen gerade beschäftigt. Dafür ist die Kurve mit einem schönen Wandbild „Ultras La Spezia“ verziert worden, ein schickes Bild.
Gut 20 Minuten vor Spielbeginn nahmen wir unsere Plätze auf der Gegentribüne ein und sahen uns das Treiben auf den Tribünen an. Das Heimpublikum war bunt gemischt und auch auf der Tribüne fanden sich viele verschiedene Typen. Vor der Kurve hängt ein gut 2 Meter hohes Banner mit dem selben Aufdruck wie hinter der Tribüne „Ultras La Spezia“. Mit Spielbeginn begann auch die „Curva“ ihr Programm abzuspielen. Für die fehlende Masse war das wirklich recht laut, da kann manch deutsche Kurve mit mehr Leuten nicht mithalten. Schon nach gut 2 Minuten wurde ein Angreifer der Heimmannschaft im 16er gefoult und es gab folgerichtig Elfmeter. Dass sich der Übeltäter dann noch in Luca-Toni-Marnier unschuldig und mit gefalteten Händen vor dem Schiedsrichter aufbaute, war immerhin lustig. Der Elfmeter wurde souverän verwandelt und in der „Curva“ stürmten alle von den unteren Stufen an den Zaun. Auf unserer Tribüne auch ausgelassene Stimmung.
Der angereist Gästepöbel aus Fano (immerhin fast 400 km Fahrtstrecke an der Küste der Marken gelegen) verdient dann auch eine kleine Betrachtung. Etwa 60 Leute waren angereist, die durchweg besoffen wirkten und während des Spiels immer wieder vereinzelt von links nach rechts über die Tribüne wanderten. Ansonsten waren sie auch dann und wann zu vernehmen, obwohl ihr kleines Häuflein auf der großen Hintertortribüne recht verloren wirkte. Während der ersten Halbzeit stürmten dann auch mal 5-6 von ihnen in die Ecke zwischen ihrer und der Gegentribüne, um sich dort mit ein paar Einheimischen einen Pöbelwettstreit zu liefern. Ein paar gepflegt arrogante Menschen aus La Spezia ließen sich nicht lange bitten und pöbelten fleißig mit. Aus der Entfernung irgendwie…lächerlich. Später war noch Polizei und ein paar Sanitäter drüben auf der Gegentribüne, wo dann jemand abtransportiert wurde. Ob der sich wegen der Pöbeleien verletzt war oder einfach bei der Hitze zusammenklappte, war uns nicht ganz klar. In der Halbzeit rannte dann über die Hälfte des Gästeanhangs zum Eingangstor in Richtung Haupttribüne. Da marschierte dann etwas Polizei auf, Tore wurden geschlossen, das wars. Reichlich unspektakulär, aber immerhin lustig von weitem.
Die Heimkurve ging dann und wann richtig gut ab und für das kleine Häuflein von ein paar hundert Leuten war das schon recht laut und eben auch besser als vieles, was sich in Deutschland Ultra nennt. Aber eben auch nicht mehr so, wie es noch vor einigen Jahren gewesen wäre (zumindest im Vergleich mit anderen Vereinen in Italien). Dafür gefiel uns die Gegentribüne recht gut, viele ältere Ultras (zumindest würde ich das aufgrund ihrer Kleidung und ihren Gruppenartikeln so sehen) sitzen hier und dann und wann wird auch mal ein Gesang angestimmt.
Noch in der ersten Halbzeit fällt das 2:0, die Kurve tobt und das Spiel ist im Grunde entschieden. Herausragend ist der Spieler mit der Nummer 6, Capuano sein Name. Technisch mehr als limitiert, aber mit einem bomben Schuss und einem wahnsinnigen Einsatz. Immer hart gegen sich und vor allem den Gegner. Überhaupt ist das Spiel recht hart, viele Fouls, teilweise absolut an der Grenze. Spielerisch nicht so schlimm, wie wir es befürchtet haben.
Das ausgerechnet Capuano dann in der zweiten Halbzeit, in der 62. Minute, das 3:0 mit einem herrlichen Schuss in den Winkel macht, passt irgendwie zu diesem Sonntag nachmittag. Der Junge rennt dann auch gleich über den ganzen Platz in die heimische Kurve. Nochmaliges ausrasten und jetzt ist klar, dass der Drops endgültig gelutscht ist. Und während wir in der Halbzeit noch darüber nachgedacht hatte, eher zu gehen, um das Spiel Empoli – Brescia noch rechtzeitig zu erreichen, machte uns die Nachspielzeit der ersten Halbzeit einen Strich durch die Rechnung. In der 60. wollte man ja noch nicht gehen und nach dem 3:0 dachten wir, dass vielleicht noch ein paar Tore fallen könnten. Doch Pustekuchen, Spiel und Stimmung werden immer durchwachsener und am Ende knicken wir uns das Spiel in Empoli. Dafür geht’s wieder 3 Stunden auf die Autobahn in Richtung Imperia.
Aus den erhofften 4 Spielen im Urlaub ist dann am Ende dieses eine geblieben. Irgendwie waren wir doch zu weit vom Schuss da an der Riveria und der ganze Spaß einfach zu teuer und nervig, wenn am Ende doch nicht weiss, ob Spiel und drumherum am Ende der mega Langweiler sind. Früher wäre das in Italien wohl fast ausgeschlossen gewesen….
P.S.: Der Vorsänger von Fano sorgte am Ende noch für Stimmung. Mangels Mitstreiter beleidigte er noch Minutenlang die komplette Gegentribüne über sein Megaphon.
Hey, klingt doch wie ein lohnender Trip, komm dafür dass es 4. Liga ist, war doch richtig Stimmung. Geh mal zum FC Markkränstedt…ähm RB Leibzig meine ich… 😉 Schade, dass es nicht für mehr Spiele gereicht hat, aber in und um Imperia lässt es sich auch ohne Fußball ganz gut aushalten.
War sogar nur 5. Liga, dafür natürlich richtig, richtig gut. Wüsste keinen deutschen 5.Ligisten, bei dem entsprechende Stimmung herrscht. Haben uns zwar zwischendurch ganz, ganz wenig geärgert, aber zum richtig ärgern war es dann doch zu schön und zu warm. Übernächste Woche gehts wieder runter, dies mal deinen See 🙂
Dann erwarte ich mir aber zumindest ein Bier! 😀
An mir soll das nicht scheitern, würde dir sogar ein Dortmunder mitbringen, musst du kein Nastro Azzuro & Co. süppeln.
Gern, gern, ist gebucht!
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